Warum der Vergleich mit anderen Führungskräften unglücklich macht – und wie Sie sich davon befreien

Der ständige Vergleich als Karrierefalle

Täglich messen sich Führungskräfte mit anderen. Wer hat die größere Abteilung, das erfolgreichere Team, das höhere Budget? Wer wird schneller befördert, wer hat das bessere Standing in der Organisation oder den stärkeren Einfluss? Ich kenne dieses Spiel nur zu gut – zwanzig Jahre habe ich mitgespielt.

Es begann als Ansporn, um besser zu werden, um meinen Platz in der Unternehmenswelt zu festigen. Doch mit der Zeit wurde der Vergleich zur Belastung. Jeder Erfolg war nur von kurzer Dauer, denn kaum war ein Ziel erreicht, tauchte jemand auf, der es schneller, besser oder größer geschafft hatte. Also setzte ich mir neue Ziele, arbeitete härter, investierte noch mehr Energie. Doch egal, wie viel ich erreichte, es gab immer jemanden, der weiter war.

Diese Dynamik ist kein Zufall. Der Vergleich mit anderen ist tief in unserem Denken verankert. Doch während ein gewisses Maß an Wettbewerb antreiben kann, führt ständiger Vergleich oft zu Stress, Selbstzweifeln und dem Gefühl, nie genug zu sein.

Hedonische Adaptation bei Führungskräften: Warum Erfolg nicht dauerhaft glücklich macht

Warum vergleichen wir uns ständig mit anderen?

Der Vergleich mit anderen ist ein tief verwurzelter psychologischer Mechanismus. Evolutionär war er überlebenswichtig: Wer sich mit der Gruppe messen konnte, hatte bessere Chancen auf Status, Ressourcen und Schutz. Heute sind die Bedingungen anders, aber unser Gehirn arbeitet noch immer nach denselben Prinzipien.

Führungskräfte sind besonders anfällig für dieses Muster, da ihre Leistung ständig beobachtet und bewertet wird. Karriereziele sind oft extern definiert: Umsatzsteigerungen, Hierarchieaufstieg, Expansion von Teams oder Projekten. In diesem Umfeld scheint Erfolg messbar – und Vergleich fast unausweichlich.

Psychologen unterscheiden zwei Formen des Vergleichs:

  • Aufwärtsvergleich (Upward Comparison): Der Blick auf Menschen, die erfolgreicher erscheinen. Dies kann motivieren, aber auch entmutigen, wenn man sich selbst als unzureichend empfindet.

  • Abwärtsvergleich (Downward Comparison): Der Vergleich mit Personen, die scheinbar weniger erreicht haben. Dies kann kurzfristig das Selbstwertgefühl stärken, hat aber langfristig wenig positiven Effekt auf die persönliche Entwicklung.

Viele Führungskräfte befinden sich permanent im Aufwärtsvergleich. Doch das Problem dabei ist: Es gibt immer jemanden, der weiter ist.

Warum der Vergleich mit anderen unglücklich macht

1. Der eigene Erfolg verliert an Wert

Wenn wir uns ständig mit anderen messen, nehmen wir unsere eigenen Erfolge nicht mehr wahr. Eine Beförderung, ein gewonnener Auftrag oder ein erfolgreiches Projekt, das uns noch vor einem Jahr euphorisch gemacht hätte, fühlt sich plötzlich belanglos an, weil jemand anderes vermeintlich noch mehr erreicht hat.

2. Die Vergleichsspirale endet nie

Wie bei der hedonischen Adaptation (siehe vorheriger Blog) – der menschlichen Tendenz, sich schnell an Erfolge zu gewöhnen – verlagert sich unser Maßstab ständig. Haben wir heute ein Ziel erreicht, setzen wir uns morgen ein neues. Zufriedenheit tritt selten ein, da wir immer weiter nach „mehr“ streben.

Studien zeigen, dass äußere Erfolge unser Glück nur kurzfristig beeinflussen. Eine Meta-Analyse von Diener, Lucas und Oishi (2018) bestätigt, dass der langfristige Einfluss von Karriereschritten auf die Lebenszufriedenheit oft überschätzt wird. Die Forschung von Lyubomirsky (2023) zeigt zudem, dass Menschen, die sich stark mit anderen vergleichen, anfälliger für Stress, Burnout und Unzufriedenheit sind.

3. Social Media verstärkt das Problem

Plattformen wie LinkedIn oder Business-Netzwerke verstärken den Vergleichseffekt massiv. Dort sieht man vorrangig die Höhepunkte anderer Karrieren – Beförderungen, neue Erfolge, Anerkennungen. Was fehlt, sind die Herausforderungen, Zweifel und Rückschläge. Wer sich mit dieser geschönten Version vergleicht, fühlt sich automatisch unzureichend.

Wie Sie aus der Vergleichsfalle aussteigen

1. Wechseln Sie den Maßstab: Vergleichen Sie sich mit Ihrem Vergangenheits-Ich

Statt sich ständig an anderen zu orientieren, lohnt sich der Blick auf den eigenen Fortschritt. Wo standen Sie vor fünf oder zehn Jahren? Welche Herausforderungen haben Sie gemeistert? Welche Fähigkeiten haben Sie entwickelt?

Praxis-Tipp: Nehmen Sie sich regelmäßig Zeit, um Ihre persönliche Entwicklung zu reflektieren. Schreiben Sie auf, welche Erfolge und Fortschritte Sie im letzten Jahr erzielt haben. Eine gute Methode ist hierbei auch das Journaling, siehe den Blog dazu).

2. Definieren Sie Erfolg für sich selbst

Viele Führungskräfte orientieren sich an klassischen Erfolgsparametern wie Status, Einkommen oder Unternehmensgröße. Doch ist das wirklich die Definition von Erfolg, die für Sie zählt?

Praxis-Tipp: Überlegen Sie, was für Sie persönlich Erfolg bedeutet. Ist es ein gesundes Teamklima? Mehr Eigenverantwortung? Eine sinnvolle Aufgabe? Sobald Sie Ihre eigene Definition klar haben, verlieren externe Maßstäbe an Bedeutung.

3. Reduzieren Sie den Einfluss von Social Media

Soziale Medien sind oft eine verzerrte Realität. Die ständige Flut an Erfolgsmeldungen kann dazu führen, dass Sie sich selbst unter Druck setzen.

Praxis-Tipp: Begrenzen Sie bewusst Ihre Zeit auf Plattformen wie LinkedIn. Wenn Sie feststellen, dass bestimmte Inhalte Unzufriedenheit auslösen, reflektieren Sie, warum das so ist.

4. Praktizieren Sie bewusste Dankbarkeit

Dankbarkeit hilft nachweislich, die hedonische Adaptation zu verlangsamen und den Fokus auf das Positive zu lenken. Studien zeigen, dass Menschen, die regelmäßig Dankbarkeit praktizieren, eine höhere Lebenszufriedenheit empfinden.

Praxis-Tipp: Notieren Sie sich täglich drei Dinge, für die Sie im beruflichen Kontext dankbar sind – sei es ein erfolgreiches Meeting, ein guter Austausch mit Mitarbeitenden oder ein persönlicher Lernfortschritt.

Fazit: Ihr Weg ist einzigartig

Vergleiche sind ein natürlicher Bestandteil des Lebens, doch sie sollten nicht darüber entscheiden, wie zufrieden wir sind. Wenn Sie sich weniger mit anderen und mehr mit Ihrem eigenen Fortschritt beschäftigen, entsteht eine neue Form der Gelassenheit. Erfolg wird dann nicht mehr daran gemessen, ob jemand anders weiter ist, sondern daran, ob Sie selbst wachsen.

Eine hilfreiche Frage kann sein: Was hätte mein früheres Ich vor zehn Jahren über meinen heutigen Stand gedacht?Die Antwort darauf zeigt oft, dass Sie bereits weiter sind, als Sie denken – und dass Sie keinen externen Vergleich brauchen, um das zu erkennen.

Wissenschaftliche Studien und Bücher zur hedonischen Adaptation:

  • Diener, E., Lucas, R. E., & Oishi, S. (2018). Advances and open questions in the science of subjective well-being. Collabra: Psychology, 4(1), 15. https://doi.org/10.1525/collabra.115

  • Lyubomirsky, S. (2023). The How of Happiness: A New Approach to Getting the Life You Want. Penguin Books.

  • Sheldon, K. M., & Lyubomirsky, S. (2022). The challenge of staying happier: Testing the hedonic adaptation prevention model. Personality and Social Psychology Bulletin, 48(3), 245-258. https://doi.org/10.1177/01461672211062109

  • Wood, J. V., Taylor, S. E., & Lichtman, R. R. (2019). Social comparison in adjustment to breast cancer. Journal of Personality and Social Psychology, 52(3), 563-569. https://doi.org/10.1037/0022-3514.52.3.563

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